Mein größter Anspruch: jedem ermöglichen, gut zu sein…
…bei manchen dauert es länger, bei anderen geht es ganz schnell. Es ist ein gemeinsamer Prozess, an den dem alle Beteiligten aneinander und miteinander wachsen können. Das ist für mich etwas Wunderbares.
Margit Scherrer leitet seit 2007 eine integrative Theatergruppe in Rohrbach. Seit 2018 sind auch AsylwerberInnen mit vollem Elan dabei. Um ihren Wunsch, AsylwerberInnen in die Gruppe zu holen, zu verwirklichen, musste die „Ursprungsgruppe“ für die Idee gewonnen werden. Glücklicherweise waren die Jugendlichen von den gemeinsamen Proben mit den AslywerberInnen begeistert.
Seit einem Jahr spielen jetzt Menschen mit und ohne Beeinträchtigung aus verschiedenen Kulturen gemeinsam. Besonders die Mutter der zwei Brüder (Ali und Mehdi) in meiner Gruppe fasziniert mich mit ihrem hohen Anspruch an das Verhalten ihrer Söhne. Sie verlangt absoluten Respekt vor Frauen, die Söhne sind sehr gut erzogen und haben viel Lerneifer. Mich fasziniert auch, wie groß das Bemühen ist, „Leidensgenossen“ mitzunehmen. Es konnte eine gute Vertrauensbasis geschaffen werden. Das Schwierigste für die Ursprungsgruppe war es, Hochdeutsch zu sprechen. Ein paar haben sich leichter getan, ein paar haben sich jedoch sehr schwer getan. Es gilt daher die Abmachung: wenn man etwas nicht versteht, muss man nachfragen. Auch auf der Bühne beim gemeinsamen Spielen reden die einen Dialekt und die anderen Hochdeutsch. Am 12.4. 2019 treten wir mit unserem Programm „Für wos leb i?“ in Hofkirchen im Pfarrheim um 20:00 Uhr auf, für das wir auch ein gemeinsames Lied gelernt haben. Mit meiner ältesten Tochter, die Schauspielerin und einem ihrer Kollegen, konnten wir bereits mehrtägige Schauspielworkshops machen.
Eine ganz wichtige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit AsylwerberInnen war ein Konflikt: Eine Jugendliche in der Theatergruppe wollte gar nicht mehr reden, weil ein Asylwerber gesagt hat, dass er sie nicht versteht. Sie hat nur Dialekt gesprochen. Andere haben dann für sie übersetzt und mit ihm geredet. Da war dann eine Spannung in der Gruppe. Wir haben darüber gesprochen und die Rückschlüsse aus dem Gespräch waren für mich sehr wichtig. Warum tun sich Einheimische so schwer mit AsylwerberInnen in Kontakt zu kommen? Mir ist bewusst geworden, dass das damit zu tun hat, dass „viele Angst haben, weil sie im Dialekt reden, und Angst davor haben, dass sie Schriftsprache sprechen müssen um verstanden zu werden.“ Nicht nur die Angst der AsylwerberInnen vor dem Sprechen erschwert die Kommunikation, die Angst ist bei den Einheimischen bezogen auf die eigene Aussprache oft noch viel größer. Diese Erfahrung mache ich immer wieder. Sprache ist für mich etwas wunderbares, ich merke aber, wie gehemmt die Menschen beim Sprechen sind. Sie beschränken sich oft nur auf ein paar Sätze, die sie mit MigrantInnen sprechen. Das, finde ich, sollte den Leuten viel mehr bewusst gemacht werden. So wie der/die AsylwerberIn die Angst überwinden muss um zu sprechen, genauso ist es auch wichtig, dass du deine Angst überwindest! Denn erst beim Miteinander Reden ist Begegnung möglich.
Margit Scherrer, 2019